Die deutschen Medien scheinen seit Wochen kein anderes Thema mehr zu kennen, als die Energiekrise und den bevorstehenden Winter. Steht uns genug Energie für diesen Winter zur Verfügung? Welchen Preis müssen Verbraucher*innen zahlen und wo kann zusätzlich gespart werden? Während man sich mit seiner Sorge beschäftigt, wie viele warme Duschen man sich in den nächsten Monaten wohl leisten kann, vergisst man schnell, dass unsere europäischen Nachbarn teilweise im selben Schlamassel stecken.
Sorgenfrei durch die Weihnachtszeit
Die dänische Bevölkerung kann sich diesen Winter entspannt zurücklehnen. Die frühzeitige Investition in erneuerbare Energien zahlt sich diesen Winter für unsere Nachbarn aus. Dänemark bezieht fast 50 % der benötigten Energie aus Wind- und Solarenergie. Gas trägt nur zu knapp 12 % zum Energiemix bei. Außerdem füllt Dänemark 25 % seiner Gasspeicher mit Biomassekraftwerken selbst. Dabei wird mit der Verbrennung von Biomasse elektrische Energie erzeugt. Ein Biomasseheizkraftwerk stellt darüber hinaus Wärme bereit. Das restliche Gas fördert Dänemark zum großen Teil selbst vor der Küste, nur ein Viertel des Bedarfs kommt aus anderen Ländern. Aus Russland kamen 19 % der importierten Menge, bis Gazprom die Lieferungen im Juni einstellte. Dieser Energie-Mix macht Dänemark zu einem der führenden Länder Europas, neben Island und Norwegen, in der Energiewende. Dennoch möchte Dänemark seine erneuerbaren Energien weiter ausweiten, um so einen Komplettausstieg aus Kohle und Gas zu ermöglichen.
Besonders schlecht hingegen sieht es für Tschechien aus. In 2021 kam Tschechiens Gas vollständig aus Russland. Und auch rund die Hälfte des Öls kommt durch eine Pipeline direkt von den Russen. Tschechien setzt nun auf Gasimporte aus den Niederlanden und füllt somit seinen Gasspeicher auf. Außerdem sind neue Pipelines nach Polen geplant, um über deren Ostseehäfen Flüssiggas importieren zu können. Neue Projekte kosten jedoch Zeit. Deshalb gehört Tschechien zu den Ländern, die trotz Sanktionen weiter Öl aus Russland beziehen dürfen.
Versäumnisse aufholen
Was die bisherige Gasversorgung Europas angeht, hat ein Großteil der Länder russisches Gas importiert. Maßnahmen, um eine solche Abhängigkeit in Zukunft zu vermeiden, sind eine Diversifizierung der Lieferkette, das bedeutet, man importiert Ressourcen aus Ländern mit einer höheren politischen Stabilität. Dennoch setzen viele Länder bei der Energieversorgung noch immer vermehrt auf Kohle, Öl und Atomkraft und können somit auf diese Energiequellen ausweichen. Aber: hier müssen neue Lieferanten gesucht werden oder die bisherige Menge erhöht werden. Länder wie Belgien oder Dänemark, die sich ihrer Versorgung diesen Winter sicher sind, ergreifen dennoch Sparmaßnahmen. Denn als Mitglieder der EU bereiten sie sich vor, im Notfall andere Mitgliedstaaten in der Not zu unterstützen. Es ist aber besonders interessant zu sehen: Wer frühzeitig auf erneuerbare Energien gesetzt hat, den treffen die russischen Sanktionen nicht so schwer. (sms)