Der Wirecard-Skandal liegt nun gut zwei Jahre in der Vergangenheit und ist in diesem ereignisreichen Jahr noch mehr in Vergessenheit geraten. Doch die Anleger, die in das Unternehmen investiert haben, dürften sich noch gut an die Details erinnern und nun gespannt den Prozess mitverfolgen. Doch worum ging es noch mal? Hier ein kleiner Überblick.
Ein Unternehmen mit Erfolgsversprechen
Das Unternehmen Wirecard hat seinen Ursprung im Jahr 1999. Damals noch ein Start-Up, welches Kerngeschäft aus einer entwickelten Software bestand. Diese sollte als Schnittstelle zwischen Kreditkartenunternehmen, Onlinehändlern und deren Kunden funktionieren. Die Software leitete die Zahlungsdaten des Kunden an den Händler und an Kreditkartenorganisationen weiter und sollte so in kurzer Zeit analysieren, ob der Kunde vertrauenswürdig ist. Da das Konzept so erfolgreich schien, wurde das Unternehmen übernommen und expandierte unter Markus Braun als Vorstandsvorsitzenden im Jahr 2007 weltweit. Schon kurz darauf kursierten Vorwürfe über die intransparente Berichterstattung des Unternehmen, sowie die Hinterfragung der hohen Einnahmen und der regelmäßig erfolgten Kapitalerhöhungen, welche den Eindruck erweckten, dass etwas nicht mit den richtigen Dingen zugeht.
Über die Jahre hinweg tauchten immer wieder solche Vorwürfe auf, die nachträglich jedoch als Versuch der Marktmanipulation gewertet wurden und somit nur Wirecards Ruf schadeten. Ob manche dieser Vorwürfe zu diesem Zeitpunkt schon gerechtfertigt waren, weiß man nicht. Man konnte jedoch Wirecard nichts nachweisen und somit galten die Vorwürfe nur als böswilliger Versuch, den Kurs zu senken und Investoren von Wirecard abzuschrecken. Dennoch gingen ab den ersten Vorwürfen gegen das Unternehmen die Anwälte von Wirecard aggressiv gegen Kritiker vor.
Kritiker blieben hartnäckig
Die Anschuldigungen von Finanzexperten und Unternehmern in der Branche nahmen jedoch nicht ab. Einige von ihnen richteten sich sogar direkt an die deutschen Behörden, allerdings mit wenig Erfolg. Ungereimtheiten in der Halbjahresbilanz ließen vermuten, dass der Konzern Geldwäsche betrieb. Zentral im ganzen Spektakel ist immer wieder die Rede von einer Summe von 1,9 Milliarden Euro, die auf Treuhandkonten in der Bilanz auftauchten und aus Geschäften in Asien entstanden sein sollen. Am 22. Juni 2020 teilte Wirecard in einer Meldung mit, dass die Milliarden auf Treuhandkonten mit großer Wahrscheinlichkeit nicht existieren. Dadurch stürzte der Börsenkurs um mehr als zwei Drittel ab. Investoren verloren hohe Summen.
Ein paar Tage später kündigte das Unternehmen Insolvenz an wegen drohender Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung. Vorstandsmitglieder verließen den Konzern oder wurden kurz darauf entlassen. Gegen die Führungskräfte des Unternehmens, Vorstandschef Markus Braun und Jan Marsalek als operativer Geschäftsführer, wurde ein Haftbefehl erlassen. Marsalek ist geflohen und wird seitdem in Russland vermutet. Braun kam kurz nach seiner Verhaftung auf 5 Millionen Kaution frei. Neben den offensichtlich illegalen Tätigkeiten innerhalb des Konzerns ist Wirecard gibt es andere Gründe warum der Fall so skandalös ist. Bis heute ist unklar ob Politiker der Bundesregierung und die Behörden, über Vorkommnisse bei Wirecard informiert waren und sie in ihrer Aufsichtspflicht versagt haben. Im Bereich des Möglichen liegt hierbei nicht nur die Unterlassung von Untersuchungen, sondern auch Kenntnis über die Schatten Strukturen des Unternehmens.
Hoffnung auf einen Funken Transparenz
Nun, zwei Jahre später beginnt der Prozess gegen die ehemaligen Wirecard-Manager. Darunter Markus Braun und der ehemalige Geschäftsführer einer Wirecard-Tochterfirma in Dubai, Oliver Bellenhaus. Außerdem sitzt der für Jahresbilanz zuständige Ex-Chefbuchhalter des Zahlungsdienstleisters auf der Anklagebank. Die Staatsanwaltschaft München wirft den Angeklagten unter anderem eine falsche Darstellung der Wirecard-Bilanzen seit 2015, Marktmanipulation und gewerbsmäßigen Bandenbetrug vor. Marsalek sollte als einer der Hauptverantwortlichen auch auf der Anklagebank Platz nehmen, hat sich seit seiner Flucht jedoch nicht mehr auf deutschem Boden blicken lassen. Die Fragen, woher die 1,9 Milliarden kommen und an wen sie geflossen sind, bleiben also zunächst unbeantwortet. (sms)